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Date: 24.04.2017

Title: Customer Journey Studie – Teil 4

Teaser: Wo bitte geht es zur Relevanz?

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Customer Journey Studie – Teil 4

Wo bitte geht es zur Relevanz? Im Teil 3 unserer Serie zur Customer Journey haben wir uns Kundenportale in der Versicherung angeschaut und festgestellt, dass ihnen häufig Relevanz in den Augen der Kunden fehlt. Heute wagen wir einen Ausblick, wie Versicherungen Relevanz steigern können.

Author: Dennis Block


Versicherungen sind wie Schrauben. Die meisten von uns haben sich nicht in der Nacht vor Erscheinen der Holzschraube Würth ASSY 3.0 (mit Schaftfräser, AW-Antrieb und Frästaschen) beim örtlichen Baumarkt angestellt, um sie als Erste in den Händen zu halten. Schrauben sind – wie Versicherungen – weniger aus sich selbst heraus interessant als vielmehr ein notwendiges Hilfsmittel: wenn man endlich sein schönes Bild daheim hat, muss man es eben noch in die Wand dübeln.

Bei der Versicherung ist die Situation sogar noch ein bisschen schwieriger. Eine Schraube kann ich wenigstens in der Hand halten und sie stellt einen unmittelbar erlebbaren Wert dar. Versicherungen hingegen kaufe ich ja gerade in der Hoffnung, sie nie zu brauchen. Sobald ich sie einmal abgeschlossen habe, haben sie für meinen Alltag keine Relevanz mehr (bis ein Leistungsfall eintritt). Entsprechend schwer tun sich Versicherer damit, ihre Kontaktfrequenz mit Kunden zu erhöhen.

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Über 80% aller Kunden wollen nicht mehr als heute schon kontaktiert werden – zur Erhöhung der Kundenkontaktfrequenz braucht es also neue, relevantere Themen.

Ist also alle Hoffnung verloren? Nein, denn das Potenzial ist in Wirklichkeit groß: Versicherungen sichern nämlich Ökosysteme ab, die für jeden von uns von großer Bedeutung sind. Gesundheit z.B. ist sehr relevant – angefangen von der Ernährung über Fitness und Prävention bis zur Work-Life-Balance. Gleiches gilt für Mobilität, die sich sogar noch weiter erstreckt als nur bis zum Auto. Und natürlich auch für Wohnen und Altern. Wir beschäftigen uns viel mit diesen Themen. Wäre es nicht toll, die Versicherung könnte davon profitieren und für ihre Kunden gleich noch einen Mehrwert schaffen?

Im letzten Artikel habe ich beschrieben, wie Fluggesellschaften es geschafft haben, ihre Wertschöpfung im Ökosystem Reise mit dem Angebot von z.B. Reiseversicherung, Mietwagen und Hotel zu erweitern. Dies ist übrigens auch ein anschauliches Beispiel dafür, wie Versicherer die Kundenschnittstelle verlieren können. Die größte Gefahr droht heutigen Versicherern in meinen Augen in der unmittelbaren Zukunft auch weniger von «Neuerfindern» von Versicherungsprodukten wie Friendsurance, Tröv oder Root – sondern von etablierten und neuen Playern, die ihnen einzelne Touchpoints wegnehmen oder die Customer Experience besser gestalten.

Ein Versicherer sollte sich fragen, ob er künftig eher als Product Factory für von anderen Brands kontrollierte Ökosysteme tätig sein will oder selbst relevante Teile eines Ökosystems für seine (End-)Kunden managt. Je nachdem unterscheidet sich die Strategie stark. Während im ersten Fall die Differenzierung zu großen Teilen über den Preis erfolgt, ist es im zweiten der Mehrwert des Ökosystems – was Würth aus dem Eingangsbeispiel übrigens sehr gut macht. Die Anforderungen an Preisführerschaft hingegen dürfen nicht unterschätzt werden: die Erfolgreichen haben ihre Kultur, ihre Skills sowie ihre Prozesse und Strukturen bedingungslos darauf ausgelegt.

Differenzierung über Ökosysteme hingegen ist einzigartig und bietet einen großen Vorteil: sie kann nicht so einfach kopiert werden und schafft damit nachhaltige Wettbewerbsvorteile. Ein Beispiel für subtiles Ökosystem-Management ist u.a. die Schweizer Mobiliar, die sich an Scout24 beteiligt hat und damit nah an ihrem Kern die Themen besetzt, die für ihre Kunden interessant und relevant sind (Auto und Haus). Selbstverständlich kann man aber auch den eigenen Brand stärker nutzen, um Kunden in Ökosystemen mit Partnern gemeinsam glaubwürdigen Mehrwert zu bieten.

Bei Versicherungen aus dem DACH-Raum trifft man nicht selten eine Fertigungstiefe bis über 90% an. Daher ist es nicht überraschend, dass Versicherer zuerst immer ans Selbermachen denken – was vielleicht auch den zögerlichen Umgang mit Ökosystemen erklärt. Die Vorteile eines Ökosystems liegen aber genau darin, Partner mit besonderen Skills und Ressourcen zu finden, die das eigene Angebot erweitern und komplettieren. Die Chance ist ziemlich hoch, dass spezialisierte Anbieter wie Scout24 besser in ihrem Kerngeschäft sind als Versicherer es je sein werden.

Entsprechend braucht es für den Erfolg in Ökosystemen neue Skills: Partnermanagement weit über Vertriebspartnerschaften hinaus, eine höhere Agilität und radikale Kundenorientierung. Haben Sie alles schon? Das sieht Ihr CEO möglicherweise anders: in der letzten globalen Insurance CEO Survey der Kollegen von PwC sind knapp 70(!)% «extrem besorgt» nicht über sich änderndes Kundenverhalten – sondern wegen «Überregulierung». Das sagt doch ein bisschen was über die Verhältnisse von inside-out vs. outside-in Sicht. Kundenverhalten übrigens besorgt nun rund 45% – ein Sprung von 25% noch ein Jahr zuvor. Die Zeichen stehen also immerhin auf Veränderung.

Über den Autor – Dennis Block, Associate Partner (Zurich)
Dennis Block leitet das Competence Center Sales & Customer Management. Er bringt langjährige Erfahrung in Strategie, Prozessen und Systemen mit und unterstützt Versicherungen dabei, ihre Stärken entlang der gesamten Customer Journey von Presales, Sales und After Sales optimal einzusetzen.

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